Zehn Argumente, warum es wichtig ist, diese Volksbefragung zu unterstützen.
0. Jahrhundertentscheidung für Linz: Wollen wir täglich 80.000 zusätzliche Autofahrten?
JA zu einem lebenswerten & klimafreundlichen Linz!
Die ASFINAG will mitten ins Linzer Bahnhofsviertel eine riesige, Milliarden teure Autobahn bauen – die A26-Bahnhofsautobahn – und die Stadt Linz zahlt mit. Neben Gestank, Lärm und gesundheitsschädlichen Abgasen bringt der geplante Autobahntunnel durch den Freinberg noch zusätzliche Staus in die Innenstadt und den heut schon staugeplagten Bindermichl-Tunnel. Selbst die ASFINAG rechnet allein aufgrund der A26-Bahnhofsautobahn mit 30.000 zusätzlichen Autofahrten täglich. Zusammen mit der ebenfalls geplanten Ostautobahn im Südosten von Linz werden so im kommenden Jahrzehnt die täglichen Autofahrten von 220.000 auf 300.000 ansteigen – also ein Plus von 80.000 Autofahrten jeden Tag, ein Zuwachs von mehr als einem Drittel (sh. OÖ Nachrichten, 15.2.2020)!
Wir von der „Initiative Verkehrswende jetzt“ sind der Meinung: Das geht auch anders! Wir brauchen nicht mehr, sondern deutlich weniger Autoverkehr. Wir fordern daher einen Stopp dieses Autobahnprojektes und konkret von der Stadt Linz einen Stopp der Zuzahlungen für Autobahnprojekte im Linzer Stadtgebiete. Stattdessen sollen die finanziellen Mittel für klima-, umwelt- und menschenfreundliche Mobilität investiert werden.
Damit wir Linzerinnen und Linzer demokratisch bei einer Volksbefragung über die A26-Bahnhofsautobahn und die Zukunft der Linzer Mobilität entscheiden können, brauchen wir deine Stimme!
Auf Linzer Stadtgebiet soll im kommenden Jahrzehnt aber nicht nur die A26-Bahnhofsautobahn gebaut werden, sondern auch die Ostautobahn. Sie soll durch den bevölkerungsreichen Linzer Süden und die Traunauen verlaufen: ein wertvolles Natura 2000-Gebiet. Dagegen hat die Bewegung “Kein Transit Linz” ebenfalls eine Volksbefragungsinitiative gestartet, die auch von der „Verkehrswende jetzt!“ unterstützt wird.
Wenn jeweils 6.100 Menschen die Einleitung dieser Volksbefragungen unterschreiben, dann können alle Linzerinnen und Linzer demokratisch in einer Volksbefragung entscheiden, in welche Richtung unsere Stadt gehen soll. Zurück in die Vergangenheit? In eine von Lärm, Abgasen und Beton beherrschte Stadt. Oder vorwärts in die Zukunft? In eine umweltfreundliche, gesunde Stadt mit hoher Lebensqualität und nachhaltigen Arbeitsplätzen.
Wir haben es geschafft: 10.000 Menschen haben für die Einleitung der Volksbefragung zur A26-Bahnhofsautobahn unterschrieben! Seit dem 13. März 2023 prüft das Magistrat Linz die Einreichung, wir warten nun auf das Datum für die Volksbefragung.
Willst Du mehr erfahren? Hier findest Du weitere Informationen:
- Größter und mit Abstand teuerster Abschnitt der A26-Autobahn (Westring)
- Geplanter Baubeginn: 2024
- Laut ASFINAG fast 30.000 zusätzliche Autofahrten täglich
- Mehr Gestank, Lärm, Abgase und Mikroplastik
1. Die „Taubentheorie“: Wer Straßen sät, erntet Autoverkehr
Wir wissen: Wer Tauben füttert, kann sich bald der Tauben nicht mehr erwehren. Auch in der Verkehrswissenschaft gilt die „Taubentheorie“ mittlerweile als unbestritten: Wer den Autoverkehr mit immer mehr Straßen „füttert“, erntet immer mehr Autoverkehr und Staus. Es entsteht ein Teufelskreis von mehr Straßen, mehr Autos, mehr Straßen, mehr Autos usw. Das wird auch für die A26-Bahnhofsautobahn prognostiziert: Kurzfristigen Entlastungen auf einzelnen Straßen stehen sofortige Mehrbelastungen gegenüber, insbesondere im Linzer Bahnhofsgebiet (Kärtnerstraße + 86%, Blumauerstraße +131%, Westbrücke +85%, Gruberstraße +17%, Dinghoferstraße +16%, Goethestraße +28%).1Zahlen aus dem vom Zivil-Ingenieur-Büro Schimetta Consult im Auftrag des Linzer Gemeinderates erarbeiteten Studie betreffend „Auswirkungen des Westrings auf das Linzer Straßennetz“, 2008
In Summe steigt der Autoverkehr in Linz durch diese Autobahn gewaltig an: Selbst die ASFINAG rechnet in ihrer Umweltverträglichkeitserklärung mit zusätzlich fast 30.000 Autofahrten täglich nach Fertigstellung der A26-Bahnhofsautobahn – ein Gesamtzuwachs von über 64%!2Zahlen aus der Umweltverträglichkeitsprüfung der ASFINAG zur A26-Autobahn (Dezember 2011): Derzeit führen 45.500 Autofahrten täglich über die Nibelungenbrücke. Nach Fertigstellung der A26-Bahnhofsautobahn würden über die Nibelungenbrücke und die neue A26-Brücke 74.800 Autofahrten stattfinden (sh. Grafik). Die Ausrede von ASFINAG und Politik, diese Wege würden sonst über die Nibelungenbrücke laufen, ist absurd. Dafür ist auf dieser Brücke überhaupt kein Platz. Einmal mehr zeigt sich die wirkliche Alternative: Entweder eine Verkehrswende, die durch die Förderung der umweltfreundlichen Mobilität die Zahl der Autofahrten reduziert, oder Öffnen des „Hosengurts“ durch den Autobahnbau, um immer mehr Autos in die Stadt zu ziehen.
Durch die Bahnhofsautobahn wird der Stau also nicht vermieden, sondern mitten ins Stadtzentrum verlagert. Schon 1954 (!) wusste der Verkehrsexperte Luis Mumford: „Mehr und breitere Straßen zu bauen, um den Stau zu verringern, ist genauso wie seinen Hosengürtel zu öffnen, um Übergewicht loszuwerden.“ Selbst der ASFINAG, die für die Finanzierung von Autobahnen zuständig ist, kommen mittlerweile Zweifel: „Die Erfahrung zeigt: Je breiter die Straßen, desto größer wird das Verkehrsaufkommen. Das bedeutet, dass neue Staus nur eine Frage der Zeit sind.“ (ASFINAG-Blog, 26.5.2020).
Immer wieder zeigt sich: Jede Straße, die gebaut wird, erhöht den Druck, die nächste Straße zu errichten. Der Bau der A26-Bahnhofsautobahn erhöht den Druck, die B139-neu bei Ansfelden/Haid autobahnähnlich auszubauen sowie die A7-Stadtautobahn und die A1 zu verbreitern. Keineswegs ausgeschlossen ist, dass nach Bau des Südteils der A26 auch wieder die Pläne für den ursprünglich geplanten Nordteil – die Verbindung der A7 in Urfahr mit der Westring-Brücke – aus der Schublade geholt werden. Damit würde dem Transitverkehr von der Ostsee zur Adria (Transeuropäische Netze) eine weitere Schneise mitten durch Linz geschlagen. Die A26-Trasse ist nach wie vor für den Süd- und den Nordteil gewidmet. Im aktuellen „Mobilitätskonzept der Stadt Linz“ wird bereits davon gesprochen, dass „dieser Nordring wieder relevant werden könnte“.3Pressekonferenz Bürgermeister Klaus Luger und Vizebürgermeister Markus Hein, 26.4.2021
Freilich gilt die „Taubentheorie“ auch in die andere Richtung: Wer FußgängerInnen, Radfahrende und Fahrgäste „füttert“ – mit attraktiven Wegenetzen, dichten Fahrplänen und kundengerechten Verkehrsstellen -, verschiebt die Mobilität in Richtung „Umweltverbund“.
Quellen
- Zahlen aus dem vom Zivil-Ingenieur-Büro Schimetta Consult im Auftrag des Linzer Gemeinderates erarbeiteten Studie betreffend „Auswirkungen des Westrings auf das Linzer Straßennetz“, 2008
- Zahlen aus der Umweltverträglichkeitsprüfung der ASFINAG zur A26-Autobahn (Dezember 2011): Derzeit führen 45.500 Autofahrten täglich über die Nibelungenbrücke. Nach Fertigstellung der A26-Bahnhofsautobahn würden über die Nibelungenbrücke und die neue A26-Brücke 74.800 Autofahrten stattfinden (sh. Grafik). Die Ausrede von ASFINAG und Politik, diese Wege würden sonst über die Nibelungenbrücke laufen, ist absurd. Dafür ist auf dieser Brücke überhaupt kein Platz. Einmal mehr zeigt sich die wirkliche Alternative: Entweder eine Verkehrswende, die durch die Förderung der umweltfreundlichen Mobilität die Zahl der Autofahrten reduziert, oder Öffnen des „Hosengurts“ durch den Autobahnbau, um immer mehr Autos in die Stadt zu ziehen.
- Pressekonferenz Bürgermeister Klaus Luger und Vizebürgermeister Markus Hein, 26.4.2021
2. Verkehrswende für Klimaschutz
Der Autoverkehr ist in Österreich einer der Hauptverursacher klimaschädlicher Treibhausgase. Es ist völlig unverantwortlich, in Zeiten eines drohenden Klimakollaps noch neue Autobahnen zu bauen. 30.000 zusätzliche Autofahrten täglich, die durch die A26 verursacht werden, machen diese Autobahn zu einem Klimakiller ersten Ranges in Oberösterreich. Der öffentliche Verkehr ist um ein Vielfaches klimafreundlicher! (sh. Grafik). Außerdem ist der für die Bahnhofsautobahn notwendige Tunnel durch den Freinberg eine Energieschleuder ersten Ranges. Allein die Beleuchtung und Belüftung des Tunnels verschlingen den Stromverbrauch einer Kleinstadt.
Linz zur „Klimahauptstadt“ machen zu wollen ist völlig unvereinbar damit, eine nuee Stadtautobahn zu bauen, die 30.000 zusätzliche Autofahrten in die Stadt hereinholen.
3. Gesundheit und Lebensqualität statt Verkehrshölle
Mit der geplanten Autobahn ins Linzer Stadtzentrum wird das Bahnhofsviertel zur Verkehrshölle. Die Abgase werden über einen 15 Meter hohen Schlot ungefiltert beim Bahnhof rausgeblasen. Es wird mit einer derartigen Mehrbelastung des Schadstoffausstoßes gerechnet, dass bereits ein Wohnverbot in der Kärtnerstraße erlassen werden musste. Doch Tausende wohnen in unmittelbare Nähe bzw. sollen dort angesiedelt werden (Postcity). Tausende haben im Bahnhofsviertel einen Arbeitsplatz (Bahnhofstower, LDZ, Wissensturm, Energie AG…).
Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2006 ergab, dass die Menschen in Linz eine um 14 Monate kürzere Lebenserwartung haben als der Durchschnitt in Österreich.1Die Presse, 7.1.2008
Die Medizinische Universität Wien hat für Linz den Zusammenhang zwischen Luftqualität und Gesundheit untersucht. Die 2009 von Prof. Dr. Manfred Neuberger präsentierten Ergebnisse zeigen insbesondere bei Stickstoffdioxid und Feinstaub einen Zusammenhang mit den Sterbezahlen. Die Auswirkungen dieser Luftschadstoffe auf unsere Gesundheit reichen von Herz-Kreislauferkrankungen bis zu Bronchitis, Lungenblähung, Asthma und Lungenkrebs2Siehe dazu ausführlicher: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/Formulare/Dokumente%20UWD%20Abt_US/Gerda%20Lenger_%20Linz.pdf. Studien haben außerdem gezeigt, dass bei Anwohnern in stark abgasbelasteter Gebiete auch Corona-Erkrankungen i.d.R. schwerer verlaufen als bei Bewohnern von Reinluftgebieten.
Bis zum Abschluss des UVP-Verfahrens verweigerten ASFINAG und Ministerium die Offenlegung der Datengrundlagen und Matrizen, auf denen sämtliche Berechnungen betreffend Luftschadstoffe, Lärm usw. aufbauen. Nicht einmal der amtlich bestellte Sachverständige für Verkehr hatte diese wesentlichen Basisdaten, wie aus einer Verhandlungsschrift beim Bundesverwaltungsgericht hervorgeht. Offensichtlich wissen die zuständigen Stellen ganz genau, dass bei Vorlage sämtlicher Daten-Grundlagen die Vorgaben für die Umweltverträglichkeit nicht einzuhalten wären. Nur eine minimale Änderung der Datengrundlagen würde das gesamte „Kartenhaus“ zum Einsturz bringen. Deshalb wählte man den Weg eines nachträglichen Monitorings, der den eigentlichen Sinn der UVP konterkariert. So soll erst nach Fertigstellung der Autobahn mittels genauerer Luftgütemessung festgestellt werden, ob die Tunnellüftungen mit teuren Filteranlagen nachgerüstet werden müssen. Dieses Monitoring führen nicht einmal die ASFINAG, sondern andere Körperschaften durch, die weder Projektwerber sind noch rechtlich zum Monitoring oder zum Setzen allfälliger Maßnahmen verpflichtet werden können. Das Motto lautet: „Bauen wir mal, dann schauen wir mal“. Einstweilen werden die Abgase ungefiltert beim Bahnhof und ins Donautal hinausgeblasen. Das ist unverantwortlich und skandalös.
Nicht vergessen werden sollte auch die hohe Unfallgefahr: Autofahren ist im Vergleich zur Bahn 110-Mal tödlicher! (sh. Grafik)
Quellen
- Die Presse, 7.1.2008
- Siehe dazu ausführlicher: https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/Formulare/Dokumente%20UWD%20Abt_US/Gerda%20Lenger_%20Linz.pdf
- https://www.gesundheit.gv.at/aktuelles/archiv-2016/luftverschmutzung
4. Sündteure Autobahnen kosten das Geld, das uns für den umweltfreundlichen Verkehr fehlt
Die A26-Bahnhofsautobahn ist der mit Abstand teuerste Abschnitt der Westring-Autobahn. Die Kosten für das gesamte A26-Westring-Projekt haben sich seit den ersten Planungen bereits verdreifacht! Von 225 Millionen (damals für Nord- und Südteil) auf heute bereits 743 Millionen Euro (nur für den Südteil). In der Endabrechnung ist wohl über eine Milliarde realistisch, wenn man die Finanzierungskosten und die gerade in dieser Branche üblichen Kostensteigerungen in Rechnung stellt. Zum Vergleich: Um dieses Geld könnte man jedem Pendler/jeder Pendlerin aus dem Oberen Mühlviertel ein Einser-Ticket des kommenden 1-2-3 Tickets (365 Euro für die Benutzung des gesamten öffentlichen Verkehr in Oberösterreich) schenken – und zwar 183 Jahre lang! Oder anders gerechnet. Um dieses Geld, mit dem eine 4,7 Kilometer lange Stadtautobahn (davon 4,5 Kilometer als Tunnel) finanziert wird, könnten 100 Kilometer Schieneninfrastruktur errichtet werden.1Die dem zugrunde liegenden Berechnungen siehe VCÖ, Ausgeblendete Kosten des Verkehrs, 3/2017
Bei dieser Milliarde handelt es sich nur um die reinen Errichtungskosten. Autobahnen, insbesondere Tunnelautobahnen, ziehen auch enorme Betriebs- und Instandhaltungskosten nach sich. Je nach Kostenschätzungen müssen für eine Lebenszeit von 40 Jahren nochmals Betriebs- und Instandhaltungskosten bis zu einer halben Milliarde Euro für die Autobahn hinzugerechnet werden.2https://www.zukunft-statt-autobahn.at/wp-content/uploads/FS_Was-kostet-die-Asfinag.pdf
Die Stadt Linz soll 5% der Gesamtprojektkosten der A26-Autobahn tragen. Das sind derzeit bereits 37 Millionen Euro. Da es keinen Kostendeckel gibt, droht angesichts absehbarer Kostensteigerungen ein Fass ohne Boden für die Gemeindefinanzen.
Für Autobahnen wird das Geld vergeudet, das uns für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilität so dringend fehlt. Es macht auch keinen Sinn, Straßenbau und öffentlichen Verkehr parallel zu fördern. Das ist, als ob man mit einer Hand einen Reifen aufpumpt und ihm mit der anderen gleich wieder ein Loch sticht. Wir brauchen daher den klaren Vorrang des „Umweltverbunds“ in der Mobilität! Vorrang für Bahn, Bus, Bim, Rad und Fuß!
Volkswirtschaftlich muss bedacht werden, dass der Motorisierte Individual-Verkehr ungleich höhere externe Kosten verursacht als der öffentliche Verkehr. Mit externen Kosten sind jene Kosten gemeint, für die nicht die am Verkehr Teilnehmenden direkt aufkommen. Das betrifft beispielsweise die Bereitstellung und Instandhaltung der benötigten Infrastruktur. Zusätzlich entstehen Schäden und Kosten durch Unfälle und die negativen Auswirkungen von Lärm, Abgasen oder Treibhausgas-Emissionen. Diese oftmals ausgeblendeten externen Kosten des Verkehrs gehen zu Lasten Dritter oder der Allgemeinheit, der Umwelt und zukünftiger Generationen. Eine Berechnung des VCÖ zeigt, dass der Motorisierte Individualverkehr sieben Mal so hohe Kosten für die Allgemeinheit pro Personenkilometer nach sich zieht wie die Eisenbahn (sh. Grafik).
Quellen
- Die dem zugrunde liegenden Berechnungen siehe VCÖ, Ausgeblendete Kosten des Verkehrs, 3/2017
- https://www.zukunft-statt-autobahn.at/wp-content/uploads/FS_Was-kostet-die-Asfinag.pdf
5. Umweltfreundliche Mobilität schafft mehr Arbeitsplätze und ist viel sozialer
Eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts hat errechnet: Wenn man eine Milliarde Euro in Bahninfrastruktur investiert, schafft man über 17.000 Arbeitsplätze. Dieselbe Summe bewirkt im Autobahnbau nur 10.700 Arbeitsplätze. Investitionen in den öffentlichen Verkehr schaffen also fast 60% mehr Arbeitsplätze als Investitionen in den Straßenbau. Das ist wenig verwunderlich, denn beim Straßenbau werden vor allem Maschinen beschäftigt.
Investitionen in den öffentlichen Verkehr sind nicht nur arbeitsplatzintensiver, sie sind auch viel sozialer. Denn der öffentliche Verkehr steht – wenn die Preise entsprechend attraktiv sind – allen Menschen zur Verfügung. Über eine Millionen Menschen in Österreich sind „mobilitätsarm“ 1Mobilität als soziale Frage, VCÖ, 2017 https://www.vcoe.at/themen/mobilitaet-als-soziale-frage, d.h. sie haben kein Auto und sind aufgrund schlechter oder nicht vorhandener ÖV-Verbindungen erheblich in ihrer Mobilität eingeschränkt. Sie profitieren besonders vom Ausbau des öffentlichen Verkehrs.
Der Autobesitz ist höchst ungleich verteilt: Das oberste Viertel der EinkommensbezieherInnen besitzt mehr als vier Mal so viele Autos wie das untere Viertel (sh. Grafik). Entsprechend stärker belasten die reichen Haushalte Umwelt und Klima. Im Schnitt verursachen das unterste Einkommensviertel durch ihre Alltagsmobilität 1,7 Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Bei dem Viertel der Bevölkerung mit höchstem Einkommen sind es 5,4 Tonnen CO2, also mehr als drei Mal so viel (Grafik). Dabei sind Flugreisen noch gar nicht berücksichtigt. Bei der Betroffenheit durch die negativen Auswirkungen des Autoverkehrs – Lärm, Abgase, schlechte Wohnqualität – verhält es sich genau umgekehrt. Menschen mit einem niedrigen Haushaltseinkommen leiden darunter drei bis vier Mal stark wie Menschen mit einem hohen Haushaltseinkommen.
[In diesem Zusammenhang ein Aufruf an die Pendlerinnen und Pendler: Viele von Euch leben am Land bzw. sind aufs Land gezogen, um Gestank, Umweltgiften und Lärm der Großstadt zu entfliehen. Das ist verständlich und sei allen vergönnt! Wenn Ihr mit dem Auto in die Stadt zur Arbeit fahrt, bezahlen aber die Menschen in der Stadt dafür den Preis, indem sie mit noch mehr Gestank, Umweltgiften und Lärm leben müssen. Wir wissen, dass es für viele von Euch noch keine wirkliche Alternative zum Auto gibt, weil die Verkehrspolitik die längste Zeit in die falsche Richtung gegangen ist. Umso wichtiger aber ist es, dass Ihr Euch nicht von einer verkehrten Verkehrspolitik für Wahnsinnsprojekte wie die A26-Bahnhofsautobahn missbrauchen lasst. Nach teilweisen, kurzfristigen Entlastungen wird es umso mehr Staus und Verkehr geben. Lassen wir uns nicht auseinanderdividieren, sondern setzen wir uns gemeinsam für eine umwelt- und menschenfreundliche Verkehrswende ein! Das hilft den Menschen am Land genauso wie denen in der Stadt!]
Quellen
- Mobilität als soziale Frage, VCÖ, 2017 https://www.vcoe.at/themen/mobilitaet-als-soziale-frage
6. Umweltfreundliche Mobilität ist viel leistungsfähiger und energieeffizienter
Der öffentliche Verkehr ist viel leistungsfähiger als der Autoverkehr: Auf der Breite eines Fahrsteifens können mit der Bahn 11-Mal so viele Leute transportiert werden wie mit dem Auto (sh. Grafik).
Auch in Bezug auf die Energieeffizienz übertrifft der „Umweltverbund“ (Bahn, Bus, Rad, Fuß) den Motorisierten Individualverkehr bei weitem (sh. Grafik). Der KFZ-Verkehr benötigt in Österreich fast 90% des gesamten Energiebedarfs im Verkehrssektor.
7. Es gibt Alternativen I: Eisenbahn statt Autobahnwahn
Es gibt gute ÖV-Alternativen zu den geplanten Linzer Stadtautobahnen.
- Alternativen zur Bahnhofsautobahn Richtung oberes Mühlviertel: Sobald die neue Eisenbahnbrücke fertiggestellt ist, könnte die Mühlkreisbahn über die Hafenbahn zum Hauptbahnhof durchgebunden werden (sh. Grafik). Denn diese Trasse existiert bereits. Eine weitere Stadtbahntrasse kann die Mühlkreisbahn mit dem Hauptbahnhof weiter westlich über das Krankenhausviertel verbinden.
- Alternativen zur Ostautobahn Richtung unteres Mühlviertel: Hier muss endlich der schon lange versprochene Ausbau der Summerauer-Bahn kommen, andererseits eine neue Schienenverbindung Richtung Gallneukirchen und Pregarten errichtet werden, die eine rasche – mit dem Auto konkurrenzfähige – Verbindung ins Stadtzentrum ermöglicht.
Mit entsprechenden Park&Ride- sowie Bike&Ride-Angeboten kann der Ausbau der Eisenbahn einen Gutteil der Pendler- und Pendlerinnenströme aus dem oberen und unteren Mühlviertel bewältigen. Damit erübrigt sich jede Diskussion um den Bau von sündteuren und umweltschädlichen Autobahnen. Zusätzlich würden damit die Voraussetzungen geschaffen, den Güterverkehr wieder stärker von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Die politisch Verantwortlichen beteuern zwar, dass sie den öffentlichen Verkehr ausbauen wollen. Doch die konkreten Schritte sind halbherzig. Die Trasse über die Hafenbahn wird ignoriert, obwohl sie am raschesten in Betrieb genommen werden könnte. Die Durchbindung vom Hauptbahnhof ins obere und untere Mühlviertel (S6, S7) wird auf einen unbestimmten Zeitpunkt nach hinten verschoben. Das könnte der St. Nimmerleinstag werden, denn bis 2030 soll genau auf diesen beiden Strecken zwei Autobahnen – die A26-Bahnhofsautobahn und die Ostautobahn – gebaut werden. Diese beiden Autobahnen lassen dem öffentlichen Verkehr von vornherein die Luft aus. Konkret mit einem Fertigstellungszeitpunkt projektiert ist derzeit nur der Bau einer kurzen Stadtbahnstrecke vom Hauptbahnhof zur medizinischen Fakultät bis 2027. Kosten 500 Millionen. Zum Vergleich: Die beiden Stadtautobahnen würden rund das Vier-Fache verschlingen.
8. Es gibt Alternativen II: Radfahren hat noch viel Luft nach oben
In Linz beträgt das Radfahranteil am gesamten Verkehrsaufkommen knapp 8 Prozent. In Städten wie Graz und Salzburg dagegen 19 bzw. 20 Prozent. In Graz soll in den nächsten zehn Jahren 100 Millionen in den Ausbau des Radwegenetzes investiert werden, also pro Jahr rund 10 Millionen. Zum Vergleich: In Linz beträgt das Radfahrbudget 300.000 Euro pro Jahr. Für den Bau der A26-Autobahn soll das 3.000-Fache des jährlichen Radfahrbudgets der Stadt Linz ausgegeben werden.
Der geplante Ausbau das Radhauptradroutennetzes im Großraum Linz geht schleppend vor sich. Geht es im bisherigen Tempo weiter, würde es mindestens 140 Jahre dauern, um die angekündigten 70 – 80 km Radhauptrouten um Linz zu verwirklichen. Das Rad hat in Linz also noch gewaltig Luft nach oben. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass 44% aller Strecken, die mit dem Pkw in einer Stadt wie Linz zurückgelegt werden, unter fünf Kilometer liegen (sh. Grafik: Großstädte ohne Wien). Das ist eine ideale Distanz für das Rad. Ähnliches gilt für die Arbeitswege: In Oberösterreich sind 37 Prozent weniger als fünf Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt. Gleichzeitig liegt der Radverkehrsanteil an den Wegen in die Arbeit in Oberösterreich nur bei 4% (österreichweit rd. 7%).
Ein bezeichnendes Detail zur A26-Autobahn: Trotz vielfacher Einwendungen im Zuge des Westring-UVP-Verfahrens soll es über die neu geplante Brücke über die Westbahn (Westbrücke) nicht einmal eine Radwegverbindung geben. Damit müssten RadfahrerInnen umständliche Ausweichrouten wählen, wenn sie die Westbahn queren wollen. Das ist nicht hinnehmbar.
9. Es gibt Alternativen III: Kluge Raumplanung – Stadt der kurzen Wege
Neben einer Verlagerung des Verkehrs vom Auto auf umweltfreundliche Mobilitätsformen gilt es auch unnötigen Verkehr zu vermeiden. Durch eine kluge Raumplanung müssen wir in Richtung einer „Stadt der kurzen Wege“ gehen – also die räumlichen Distanzen zwischen Wohnen, Arbeit, Nahversorgung, Freizeit, Kultur und Bildung zu verringern. Je näher die verschiedenen Funktionen beisammen liegen, desto leichter können die alltäglichen Wege zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden.
Ein Vorzeigeprojekt könnte die geplante Postcity am Linzer Hauptbahnhof werden. Statt wie derzeit vorgesehen tausende Tiefgaragenplätze plus Autobahnanschluss (A26-Bahnhofsautobahn) könnte dort ein Projekt für autofreies Wohnen gestartet werden. Das ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch sozialer, da die enormen Kosten für Tiefgaragenplätze vermieden und dadurch die Mieten entsprechend günstiger werden können. Vor allem dürfen wir nicht vergessen: Jeder zentrumsnahe Parkplatz generiert als Folge 13,7 Autokilometer täglich (Quelle: VCÖ). Das ist ein Teufelskreis, den wir durchbrechen müssen. Der Ausbau von Car-Sharing-Möglichkeiten anstelle der überholten Stellplatzverordnung, die noch aus der NS-Regime stammt („Reichsgaragenordnung“), muss endlich flächendeckend verwirklicht werden.
Eine Stadt der kurzen Wege, die es wieder ermöglicht, viele Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurückzulegen, ist außerdem insgesamt viel platzsparender. Denn der Autoverkehr ist die Mobilität, die am meisten Fläche frisst (sh. Grafik). Eine solche Verkehrswende ist daher ein wichtiger Beitrag, um den gerade in Österreich rasanten Bodenverbrauch zu stoppen.
Statt also in Summe 80.000 Autofahrten mit zusätzlichen Stadtautobahnen nach Linz hereinzuholen, müssen wir autofreie und verkehrsberuhigte Zonen ausweiten. Das ist nicht nur umwelt- und klimapolitisch sinnvoll, sondern stärkt auch unsere Stadt als Raum der sozialen Begegnung und Kinderfreundlichkeit (sh. Grafik).
10. Andere Städte zeigen vor: Es geht!
Vergessen wir die Verkehrspolitik des 20. Jahrhunderts! Kommen wir endlich im 21. Jahrhundert an! Viele Städte zeigen vor, wie es geht.
Nehmen wir uns ein Beispiel an Kopenhagen, wo aufgrund einer engagierten Radfahrpolitik bereits über 50% aller Wege mit dem Rad zurückgelegt werden.
Nehmen wir uns ein Beispiel am Öffentlichen Verkehr in Wien, der mit 40% einen doppelt so hohen Anteil am Gesamtverkehrsvolumen hat wie der ÖV in Linz.
Nehmen wir uns ein Beispiel an der Raumplanungspolitik in Barcelona, die die Verkehrsberuhigung mitten in der Stadt ermöglicht.
Und wagen wir einen Blick in die südkoreanische Hauptstadt Seoul, wo eine Stadtautobahn, über die 160.000 Autos täglich gefahren sind, abgerissen und durch ein Naherholungsgebiet mitten in der Stadt ersetzt wurde (siehe Foto) – ohne dass es zu einem Verkehrskollaps gekommen wäre. Eine umweltfreundliche Verkehrswende mit einem Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der sanften Mobilität hat das möglich gemacht. In Linz sollte es zumindest möglich sein, zur bereits bestehenden Stadtautobahn nicht noch zwei weitere hinzuzufügen!